Schwester Katherine

Schwester Katherine

Schwester Katherine Mader war als Wilhelmsdorferin mehrere Jahre zum missionarischen Dienst in Armenien und erlebte dort die Schrecken des Genozids an den Armeniern mit. Sie kam mit einigen Armenierinnen später zurück nach Wilhelmsdorf und bleib hier bis an ihr Lebensende.

Katherine Mader wurde am 15. Mai 1869 in Wilhelmsdorf als viertes Kind des Phillip Mader, einem Handwerker und Kleinbauern geboren. Sie wuchs hier im Dorf auf, besuchte den sie sehr prägenden Konfirmandenunterricht von Pfarrer Layer und die Töchterbibelstunden bei Vorsteher Thumm. So fand sie einen persönlichen Zugang zum christlichen Glauben. Mit 15 Jahren ernannten Johannes Ziegler und Pfarrer Layer die Jugendliche zur Leiterin der Wilhelmsdorfer Kleinkinderschule (Kindergarten). Mit 20 Jahren sandte man sie 1889 für ein halbes Jahr zu den Großheppacher Diakonissen, damit sie dort die Ausbildung zur evangelischen Kleinkinderpflegerin absolvierte. Sie blieb der Schwesternschaft lebenslänglich verbunden und trug auch ihre Tracht, obwohl sie nie eine Großheppacher Schwester wurde. Sie war sozusagen eine eigene, kleine Ein-Personen-Schwesternschaft.

Nach 10 Jahren Tätigkeit in Wilhelmsdorf für 200,- bzw. später 300,-Reichamark jährlich, wechselte sie nun in die Schweiz nach Walzenhausen um die dortige Kleinkinderschule zu leiten. In ihren Briefen beschreibt sie die Jahre dort als eine Zeit in der sie viel allein war und sich vor allem aus der Bibellese Kraft und Zuversicht holte. Dort bekam sie ein kleines Heft in die Hände, in dem stand, dass man für Armenien dringend „Mägde Gottes“ suchen würden. Wie oft in Berufungsgeschichten, dachte sie zunächst: „Das ist nichts für mich!“ Dann erzählt sie aber, dass sie in ihren Gebeten und Gedanken immer wieder darauf zurückkam und schließlich betete: „Herr, wenn du mich dort haben willst, dann musst du alles machen, ich mache nichts!“

Und nach und nach fügten sich die Dinge so, dass das baltische, adlige Fräulein von Baranoff ihr Vermögen in die armenische Mission und Armenpflege investieren wollte und über den dortigen Gemeindepfarrer Stockmayer auf Katherine Mader kam. Zwischen Fräulein von Baranoff und Schwester Katherine entstand eine lebenslange Freundschaft. Sie wurde von ihr nach Armenien gesendet und reiste Ende 1898 aus. In einem Kinderheim in Mesereh war sie die folgenden Jahre tätig und wurde unzähligen Waisenkindern zu einer Mutter. Dort erlebte sie die schrecklichen Tage der armenischen Verfolgung durch das osmanische Reich mit und erzählt davon sehr eindringlich und erschütternd in ihren Briefen. (Es ist geplant, diese Briefe später in der geplanten Wilhelmsdorfer Bibliothek auf dieser Homepage zu veröffentlichen.)

Sie erlebte das Sterben tausender Armenier mit, versuchte zu retten, wen immer sie konnte, versteckte Kinder und Familien vor den Verfolgern und blieb den ganzen 1. Weltkrieg über vor Ort. 1919 wurden dann alle Deutschen aus dem Land gewiesen und sie musste sich von den ihr sehr liebgewordenen Kindern trennen.

Sie kam sehr krank und ausgezehrt in Wilhelmsdorf an und erholte sich gesundheitlich nie mehr von den Strapazen jener Jahre.

In Wilhelmsdorf zog sie zunächst zu ihren leiblichen Schwestern und half, so weit die Kräfte reichten, in der kleinen Landwirtschaft. Später zog Fräulein von Baranoff nach Wilhelmsdorf und kaufte hier ein Häuschen, das heute noch steht. Dort lebten sie dann in einer Hausgemeinschaft zu der auch zwei armenische Frauen gehörten. Schwester Katherine hielt kleine Bibelstunden und Gebetsversammlungen, die im Laufe der Jahre so viele Besucher hatten, dass sie aus ihrer Stube in die Nähstube umziehen mussten. Auch war sie immer wieder auswärts als Verkündigerin auf Bibelfreizeiten in der Schweiz eine erwünschte Referentin. Vielen wurde sie zur Seelsorgerin und obwohl das Geld immer etwas knapp war, teilte sie großzügig, was sie von Freunden bekam.

Sie hat weltweit mit ihren einstigen armenischen Kindern in Briefkontakt gestanden und  hatte ein großes Netzwerk an Kontakten in alle Welt.

Am 15. Oktober 1937 ist sie in Wilhelmsdorf gestorben, nachdem man sie von einer Bibelfreizeit schwer krank aus der Schweiz bis nach Wilhelmsdorf im Auto transportiert hatte. Sie soll damals gesagt haben: „Diesmal geht es heim, wenn aber der Herr es anders beschlossen hat, soll es auch recht sein!“ Sie durfte „heimgehen“ und ist hier in Wilhelmsdorf auf dem Friedhof begraben.


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