Ein Hoffnungsziegel

Ein Hoffnungsziegel

Dies ist einer der Originalziegel der Wilhelmsdorfer. Er wurde in der Ziegelhütte von den Siedlern selbst gebrannt. Er ist ein “Hoffnungsziegel”.

1847 hatte die Korntaler Güterkaufsgesellschaft, die Verwaltungsorganisation für alle gemeinsamen Güter der beiden Gemeinden Wilhelmsdorf und Korntal, die Ziegelhütte über Esenhausen erworben. Ihr Gewinn sollte dazu dienen, die Arbeit in Kirche und Schule sowie die Armenpflege zu finanzieren.

Der Plan ging auf. Er war eine von mehreren Maßnahmen, die eine von Korntal ausgesandte Brüderkommission 1846/1847 zur Rettung der völlig überschuldeten Gemeinde beschloss.

Die pietistischen Brüder im Land der Hahnschen Gemeinschaft gaben der Gemeinde trotz Wirtschaftskrise in einem Monat 40.000 Gulden zur Rettung. Damit wurden die Schulden der Siedlung zunächst getilgt. Es war ein zinsloses Darlehen, das nur sehr langsam zurückgezahlt werden sollte.

Dann untersuchte man alle Schuldenstände der einzelnen Familien. Es gab viel Streit und Diskussion über die Ursachen der Armut. Auch gab es viele Vorwürfe an die Armen im Sinne von, sie seien doch auch selbst schuld an ihrem Zustand. Nur Benedict Nimser saß schweigend da. Befragt, warum er so still sei, sagte er: „Ich gehe die Bibel durch. Ich denke, die Armen des alten und neuen Testaments und die Ursachen ihrer Verarmung werden keine anderen gewesen sein, als heute noch. Da ist es mir sehr merkwürdig, dennoch Gott immer auf der Seite der Armen zu sehen.“ Betroffen schwiegen die Kritiker und die Beratung nahm eine neue Wendung.

Er schrieb in dieser Zeit:

„Wenn ich auf unser Tun und Ding sehe, so vergeht mir der Mut, dass ich alles hinwerfen möchte. Fasse ich aber Gottes Liebe und Barmherzigkeit ins Auge, so wird mir wohl und warm ums Herz. Ach, wie viel Langmut und Geduld hat der treue Gott an uns bewiesen, und seine Güte ist noch alle Morgen neu, dass man sehen kann, wie er das Verwickelte löst, das Abgerissene anknüpft, den Frieden so nach und nach herstellt, und gegenseitig Zutrauen und Liebe pflanzt. Da darf man sich freuen und ihm danken.“

Am Ende wurde 43 Personen eine Auswanderung nahegelegt und finanziert, da für sie keine Hoffnung auf eine erfolgreiche Bewirtschaftung ihrer Güter bestand. Das Gemeinschaftseigentum wurde abgeschafft, jeder erhielt, was er bewirtschaftete als eigenes Land. Nur die nicht bewirtschafteten Flächen und die Gemeinschaftsgebäude blieben bei der Güterkaufsgesellschaft. Korntal wurde aus seiner Bürgschaftspflicht entlassen und Wilhelmsdorf als Brüdergemeinde wurde selbstständig.

Nach zweijähriger Vorbereitung wurde Wilhelmsdorf am 29. Januar 1850 sowohl kirchlich als auch politisch eine selbstständige Gemeinde. Von da an war zwar nicht alles gut und leicht, aber mit Aufhebung des Solidariums und der Möglichkeit selbst für sich zu wirtschaften begann langsam aber sicher ein kleiner Aufschwung für die Entwicklung des Dorfes. So war Wilhelmsdorf Ende der 1850er Jahre tatsächlich erstmals schuldenfrei.